Erinnerungsorte
Geschichte ist mehr als ein Unterrichtsfach – das manche Jugendliche zudem noch als trocken erleben. Die Vergangenheit zu verstehen, aus ihr zu lernen und nicht zu vergessen, das bleibt gerade mit Bezug auf die Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland eine wichtige Aufgabe. Die großen Ereignisse der Geschichte stehen in den Büchern, unmittelbarer vermittelt werden sie in den Erzählungen von jenen, die diese Zeit miterlebt haben. Doch nicht nur Menschen tragen persönliche Erinnerungen mit sich, auch Orte tragen Geschichte in sich.
„Weißt du noch, welches Haus dort einmal stand?“, „Kennst du noch den früheren Namen?“ – was in einer Stadt geschieht, schreibt sich in ihre Straßen und Plätze ein und wird Teil des kollektiven Gedächtnisses. Doch das kollektive Gedächtnis ist vergesslich, seine Inhalte müssen in die Gegenwart geholt werden, um nicht verlorenzugehen. Die sogenannten Stolpersteine zum Gedenken an ermordete frühere jüdische Bewohnerinnen und Bewohner von Häusern etwa erinnern im öffentlichen Raum an deren Namen und ihre Schicksale erinnern.
Das Projekt „Erinnerungsorte“ informiert über die Geschichte von Häusern, Plätzen und Straßen während der Zeit des Nationalsozialismus, die Vergangenheit soll so für Jugendliche und junge Erwachsene auf besondere Weise erlebbar werden. Es handelt sich schließlich auch um „ihre“ Orte und „ihre“ Stadt, die sie nun auf andere Art kennenlernen. Das Projekt wurde von der Landesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte gemeinsam mit den 15 Fanprojektstandorten in Nordrhein-Westfalen konzipiert und umgesetzt. Die „Erinnerungstouren“ führen an verschiedene Orte der jeweiligen Stadt und erklären deren historische Bedeutung während des Nationalsozialismus – mitunter ist dies nur ein Detail, mitunter geht es um Fußball und die Rolle von Vereinen und um die Namen von Fußballplätzen in den Jahren zwischen 1933 und 1945.
Die Informationen sind von Fans, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fanprojekte, aber auch in Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Einrichtungen und Organisationen wie Stadtarchiven und jüdischen Gemeinden zusammengetragen worden. Die Touren an die Erinnerungsorte sind ein Angebot für Fans – und andere Interessierte – aus der Stadt und Region, aber auch für die Gästefans, die die Auswärtsfahrt mit einer weiteren Aktivität verbinden. Das Netzwerk der Fanprojekte bietet hier perfekte Möglichkeiten, das Erlebnis Fußball mit politischer Bildung zu verknüpfen. Der Umweg über die Vergangenheit bietet auch die Gelegenheit zu einer vertieften Beschäftigung mit aktuellen politischen Fragestellungen.
Die Prävention gegen rechtsextremes Gedankengut gehört zum Arbeitsauftrag der Fanprojekte. Für die Auseinandersetzung mit der Zeit des Nationalsozialismus haben sich unter anderem Gedenkstättenfahrten als ein wichtiges pädagogisches Instrument etabliert. Mit dem Projekt „Erinnerungsorte“ ist jetzt ein weiterer Baustein für diese Arbeit hinzugekommen.
Am Standort des Fanprojektes Duisburg, haben wir uns dazu entschieden, dieses Projekt in einer Art Gruppenarbeit durchzuführen. Hierzu haben wir interessierte Fans eingeladen. Gemeinschaftlich wurde zuerst versucht, sich eine Übersicht über infrage kommende Orte zu verschaffen. Nach diesem ersten Schritt wurde eine Auswahl getroffen und jeder recherchierte zu den gewählten Orten in Literatur, vor Ort oder auch im Stadtarchiv. Sehr entgegen kam uns hierbei die Hilfe von dem Zentrum für Erinnerungskultur, in der Person von Robin Richterich, welcher uns bei etwaigen Fragen gerne beraten hat. Nachdem die Orte bearbeitet wurden und zu einem jeden Ort ein Informationstext für die Broschüre geschrieben wurde, machten wir uns an die gemeinsame Entwicklung einer Stadtführung. Die Erinnerungsorte sind in der Reihenfolge der Stadtführung aufgelistet. Eine jede einzelne Person kann die Führung somit selbst und alleine durchführen. Besonders spannend ist, dass man die Stadtführung mit der Adresse des jeweiligen Ortes, als auch anhand der GPS-Koordinaten, wie beim Geocaching, eigenständig erfahren und durchführen kann.
Dieses Projekt stellt einen wichtigen Teil der Arbeit des Fanprojektes dar. So wird versucht, den Auftrag der Antidiskriminierungsarbeit umzusetzen. Erinnern an den Nationalsozialismus ist gerade im Moment zu einer Zeit, in dem rechte Tendenzen und Strömungen immer größer werden, eine wichtige grundlegende Aufgabe. Die Losung „Nie wieder“ ist hier nicht bloß ein Spruch, es wird hierdurch aktiv versucht an den Schrecken und den Terror des NS- Regimes zu erinnern, präventiv tätig zu werden und speziell unsere Zielgruppe, Fußballfans des MSV Duisburg, zu erreichen. Durch die kostenlose Verfügbarkeit der Broschüre, möchten wir es allen Interessierten, ob jung oder alt, möglich machen, die Orte kennenzulernen und die Stadtführung durchzuführen.
Hier können Sie die Broschüre Erinnerungsorte kostenlos herunterladen
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